Juli Zeh: Nullzeit (2012) – Sommerthriller mit Anspruch

Juli Zeh_Nullzeit Die Nullzeit beschreibt jene vorgegebene Zeitspanne, die man bei einem Tauchgang mit einem Drucklufttauchgerät zurücklegen kann um ohne Dekompressionsstopp an die Wasseroberfläche zurückzukehren. Dieser gefährliche Zeitaspekt des Tauchens beschreibt sehr deutlich die Stimmung in Juli Zehs anspruchsvollem Thriller „Nullzeit“: kalt, beklemmend, gefährlich, risikoreich. In „Nullzeit“ geht es ums Tauchen in zweierlei Hinsicht: Tauchen als beliebte Sportart neureicher Touristen in der Südsee und das Hinab- oder Eintauchen in die Untiefen einer Figur, eines Charakters, dessen wahre Tiefe man nie ganz erreichen und verstehen kann.

Wir sprachen über Windrichtung und Wellengang und spekulierten, wie der November verlaufen würde. Auch auf der Insel gab es Jahreszeiten, man musste nur genauer hinschauen. Tagsüber sank die Temperatur selten unter zwanzig Grad. Danach kam die wirtschaftliche Situation an die Reihe. Bernie, der Schotte, plädierte für eine geregelte Insolvenz der Griechen. Laura kam aus der Schweiz und fand, dass man kleine Länder unterstützen sollte. Ich interessierte mich nicht für Politik. Um den ganzen Tag Nachrichten im Internet zu lesen, hätte ich nicht auswandern müssen. Laura und Bernie einigten sich darauf, dass Deutschland die neue Wirtschaftspolizei Europas sei – stark, aber unbeliebt.  Erwartungsvoll blickten sie mich an. Im Ausland ist jeder Deutsche Angela Merkels Pressesprecher. Weiterlesen