Wirres Mixtape gelesener Bücher

MixtapeIn den letzten Wochen habe ich an einer den meisten von euch wohl bekannten „Krankheit“ gelitten: Der Bücher-Verschlingeritis. Ich las soviel, dass ich nun gar nicht hinter her komme, über die Bücher, die eines Artikels wert sind, zu schreiben. Daher habe ich mich entschlossen, euch in einem wirren Mixtape die Bücher ganz knapp vorzustellen, ein bißchen so, als wären es Musikstücke, um euch wenigstens meinen Leseeindruck zu vermitteln.

Das Mixtape ist unsortiert, die einzige Unterscheidung besteht in einer A- und einer B-Seite, so wie wir es von den alten Kassetten kennen =). Zugegebenermaßen haben mir die Bücher auf der A-Seite besser gefallen, doch dazu im Folgenden mehr … Weiterlesen

Sibylle Berg: Ein paar Leute suchen das Glück und lachen sich tot (1997)

„Ich lebe so ein bißchen wie ein Tier. Ich weiß nicht, ob das so verkehrt ist. Obwohl es auch unglückliche Tiere gibt, die zu Tierpsychologen gehen, denke ich mal, die meisten Tiere fragen sich nicht andauernd, was sie mit ihrem Leben anstellen sollen. Vielleicht sind sie glücklich. Ich würde sehr gerne mal mit einigen befreundeten Tieren über dieses Thema reden.“

Sibylle Berg legt den Finger auf Wunden, auf die unangenehmen Stellen, die vernarbt und verschroben sind. Sie wühlt im emotionalen Schorf und rührt an die empfindlichsten Orte, die man gern verdrängt. Immer dabei – ihr untrüglicher Humor, das unterschwellig bissig Ironische und Zynische, die feine Beobachtungsgabe, die nüchtern-kühle aber empfindsame Erzählhaltung, die Liebe zum Skurrilen und Absurden im Alltäglichen sowie der ungeschönte Blick auf die radikale Realität.Sibylle Berg_Ein paar Leute suchen das Glück und lachen sich tot

„Ein paar Leute suchen das Glück und lachen sich tot“ ist ein episodenhafter Roman ohne traditionell zusammenhängende lineare Handlung. In seiner Konzeption ist er ein moderner Text, da die Autorin ganz moderne Erzähltechniken anwendet, ausprobiert und kombiniert. Sie bricht die Perspektivierung ebenso auf wie die lineare Erzählweise. Der Leser wirft den Blick auf eine Vielzahl an Personen, die alle miteinander verbunden sind, während er sich gleichzeitig mitten im Bewusstseinsstrom ihrer Gedanken befindet. Kapitelweise erzählen sie uns aus ihrem Leben und berichten über ihre Gefühle und Gedanken. Dabei spielt Sibylle Berg mit den Perspektiven – mal wird aus der Ich-Perspektive erzählt und mal gibt es einen auktorialen Erzähler. Das macht den Text zu einer Herausforderung für den Leser. Es bleibt keine Zeit um Atem zu holen, zwischen den einzelnen Kapiteln – der Leser springt von einem Leben zum nächsten: von Nora zu Vera, von Karl zu Helge, von Bettina zu Ruth. Weiterlesen

@bout Sibylle Berg: „Vielen Dank für das Leben“ (Roman, 2012)

Über das Buch

Sibylle Bergs Hauptfigur Toto ist anders und dadurch hat sie es schwer in ihrem Leben. Was ist sie eigentlich? Geboren wird sie 1966 im sozialistischen Teil Deutschlands und landet im Laufe ihres Lebens im Westen. Von Anbeginn ihres Lebens wird ihr gezeigt, dass sie nichts ist, nicht gewollt ist und keinen Platz in dieser Gesellschaft bekommen soll. Ihre alkoholkranke Mutter möchte sie am liebsten gar nicht auf die Welt bringen, und als Toto da ist, schaut sie ihr Kind nicht einmal richtig an. Toto ist ein Hermaphrodit und der Arzt entscheidet sich pragmatisch bei ihrer Geburt, sie einfach zum männlichen Geschlecht zu zählen. Sibylle Berg beschreibt liebevoll, bitterböse-zynisch und zutiefst sensibel und traurig wie das ungewollte Heimkind Toto fremdbestimmt ihren Weg geht und als passive Beobachterin die Welt eher erleidet, denn aktiv erlebt oder mitgestaltet: vom Heim auf den Bauerhof, vom Hof in die Kommune im Westen, von der Kommune an die Bar, bis hin zum Obdachlosenheim und die Straße, wo sie ihr Jugendfreund Kasimir rettet, mit dem sie nach Paris in eine schicke Wohnung zieht. Doch dieser hat sich einzig zur Aufgabe gemacht, Toto zu vernichten, da sie alles darstellt, was er aus tiefsten Herzen hasst … Toto stirbt einsam und allein.

Laura: Frau Berg, die wir dieses Jahr beide für uns neu entdecken durften, hat mit ihrem neuesten Roman „Vielen Dank für das Leben“ ein Buch vorgelegt, das, wie ich finde, in zwei wesentlichen Punkten auffällt: zum einen die Gesellschaftskritik, Nachkriegs-Deutschland zwischen Ost und West (oder Kommunismus und Kapitalismus, wie sie es eher nennt) und zum anderen durch die Figur Toto. Weiterlesen

Unser persönlicher Jahresrückblick 2012

Unsere Highlights und Enttäuschungen 2012

Das Jahr geht zu Ende und wir blicken in aller Kürze zurück auf die wunderbarsten Leseerlebnisse und die im Rückblick leider verschwendeten Lesestunden. Hier findet ihr unsere jeweils 5 Besten und 5 „weniger Besten“ der gelesenen Bücher in 2012 – unsere völlig subjektive und persönliche Bewertung und Auslese des gesamten Lesesujets des letzten Jahres. Das waren unsere Highlights und Enttäuschungen 2012 – lasst euch überraschen! Weiterlesen

@bout Sibylle Berg: „Der Mann schläft“ (Roman, 2009)

Zum Inhalt:

„Der Mann schläft“ ist die Geschichte einer Frau, die sich in einer Beziehung angekommen fühlt. Sie liebt den Mann, weil das Beste an ihm ist, dass er sie liebt. Es ist eine leise Beziehung, die sich auflöst, nachdem die Erzählerin entscheidet, eine gemeinsame Reise nach China zu machen. An einem Tag in China verschwindet der Mann einfach, das heißt, er kehrt nicht zu ihr zurück. Es bleibt offen, welchen Grund es dafür gibt. Der Roman stellt vor allem Beziehungs- und Liebesmuster in Frage und ist dabei sehr poetisch, sehr gesellschafts- und menschenkritisch.

Katja: Im Klappentext der DTV-Ausgabe (mit im Übrigen sehr unpassendem Cover, wegen des Hundes …) heißt es, „Sibylle Berg erzählt eine moderne Liebesgeschichte und zeigt eine Welt, in der man höchstens zu zweit überleben kann.“ Ich finde ja, hier hat sie keine typische Liebesgeschichte geschrieben und genau das gefällt mir so an dem Buch. Denn typische Liebesgeschichten drehen sich immer um die Leidenschaft und das Verliebt-sein, den Sex und sehr viel Äußerliches, Körperliches oder das zerfleischende Beziehungsgeflecht von Liebenden … Und am Ende geht es meistens positiv aus, weil die Sehnsucht der Lesenden erfüllt werden soll … Das langweilt mich unsäglich … Inwiefern ist das also eine „moderne Liebesgeschichte“, wie der schlaue Klappentext (bestimmt von einer ganz eifrigen Marketingexpertin erdacht) behauptet?

Laura: Naja, da stellt sich natürlich die Frage, was man unter einer „modernen“ Liebesgeschichte versteht. Weiterlesen

Fundstück: Sibylle Berg reimt zum Sonntag

Ich möchte euch etwas zeigen, was ich durch Zufall (wenn es diese gibt) beim Herumstöbern im weltweiten Netz entdeckt habe und ganz wunderbar finde: Etwas kleines Gereimtes von Frau Berg, deren Roman „Der Mann schläft“ ich gerade im Kopf habe und deren neues Buch „Vielen Dank für das Leben“ bald auch seinen Weg zu mir finden wird (Dank dem edlen Schenker!).

Ich hoffe, Frau Berg ist einverstanden, dass ich das von ihr auf ihrer Website veröffentlichte Gedicht hier zur Gänze zitiere, weil es so FABEL-haft und gar zu niedlich-böse ist: Weiterlesen